Unterwegs … in Wuppertal

Eine Vollmondnacht mit Pina Bausch – Teil 3

„Es gibt keine Illusionen in Wuppertal,
und das hat auch etwas Positives, Schönes und Wichtiges.“
(Pina Bausch)

Pina Bausch - © Terafoto

Pina Bausch – © Terafoto

Ich habe meinen Platz im Oberrang des Wuppertaler Opernhauses, nach einem guten Glas Weißwein in der Pause, wieder eingenommen. Im Verlaufe der Jahre seien Pina Bauschs Stücke etwas heiterer geworden, habe ich vorhin einem Gespräch am Nachbartisch entnommen. Die Lust an Sinnlichkeit und Schönheit sei in den späteren Stücken deutlicher zu spüren und nicht zuletzt auch die Lust am Tanzen. Für „Vollmond“ trifft diese Beobachtung in jedem Fall zu. Der Drang zu tanzen, Licht zu suchen, Wassertropfen zu fangen und zu spüren, ist unverkennbar. Kleine Wellenbewegungen durchziehen die Handgelenke oder große Wellen, gleich die gesamten Körper, die durch die leichten, bodenlangen Kleider der Tänzerinnen, zu schweben scheinen. Dem gesamten Stück haftet etwas Schwebendes an. Weiterlesen

Unterwegs … in Wuppertal

Eine Vollmondnacht mit Pina Bausch

Teil 2

„Es gibt keine Illusionen in Wuppertal,

und das hat auch etwas Positives, Schönes und Wichtiges.“

(Pina Bausch)

Pina - © terafoto

Pina – © terafoto

Bereits seit mehr als 45 Minuten, die wie im Fluge vergangen sind, folge ich dem Geschehen auf der Bühne des Wuppertaler Opernhauses, wo ich der Aufführung „Vollmond“, nach einer Choreografie von Pina Bausch, beiwohne. Als außerordentlich bemerkenswert empfinde ich bislang, wie unaufdringlich das Motiv der sternklaren Vollmondnacht, in der an Schlaf nicht zu denken ist, inszeniert wird. Der Mond ist für den Zuschauer nie zu sehen und wird nur selten erwähnt und doch ist er durchgehend wahrnehmbar – Pina hätte vermutlich gesagt „ahnbar“-, durch den Einfluss, den er auf die Agierenden ausübt. Deren mondsüchtigen Verhaltensweisen wären in der Tat nur schwer in den Strukturen eines klassischen Balletts darstellbar. Tänzer driften scheinbar ziellos in die Kulissen, sind hin- und hergerissen von introvertierter Selbstqual und enthemmter Extrovertiertheit. Einladend klopf eine Tänzerin auf einen Stuhl: „Gespenster“, raunt sie mit kehliger Stimme, „müssen auch manchmal sitzen.“ Fraglos – eine magische Nacht bricht an. Man greift beherzt gleich zu zwei Gläsern Wein, denn „es ist Vollmond. Man wird nicht betrunken.“ Weiterlesen

Unterwegs … in Wuppertal

Eine Vollmondnacht mit Pina Bausch

Teil 1

Pina Bausch - © Terafoto

Pina Bausch – © Terafoto

„Es gibt keine Illusionen in Wuppertal,

und das hat auch etwas Positives, Schönes und Wichtiges.“

(Pina Bausch)

Zwei Männer stehen versunken am Ufer eines schmalen Flusses, auf dessen Wasseroberfläche sich das fahle Licht des Vollmondes spiegelt. Leicht federn sie in den Knien, als würden ihre Körper das ruhige Fließen des Wassers in sich aufnehmen. Die Bewegungen werden intensiver. Ihre Arme beginnen zu schwingen und entlocken somit den leeren Plastikflaschen, die sie in ihren Händen halten, sanfte, vibrierende Töne, als aus der nächtlichen Dunkelheit zwei weitere Männer auftauchen, die lange Holzstöcke durch die nächtliche Luft peitschen und damit einen weitaus schärferen Klang erzeugen. Musik ertönt, der sich die Leiber der Anwesenden offenbar nicht entziehen können. Sie geraten in Bewegung und Sekunden später peitschen ihre Körper selbst, angestachelt von treibenden Beats, durch die Luft. Musik liegt in der Luft … Musik ist Bewegung … Musik ist Tanz … Weiterlesen